Jedes Jahr das gleiche Spiel. Die Polizei-Statistik stellt fest:
Radfahrende eine Risikogruppe ? Radfahren ein Risiko ?
Was haben diese Unfallfahrzeuge mit Radfahren zu tun? Fotos: Nord-West-Media TV
Das könnte man sich angesichts der Fotos fragen. Ganz einfach. Zu hohes Tempo, riskante Überholmanöver, Unaufmerksamkeit: All das und noch mehr sind die Ursachen für zahlreiche Unfälle, an denen neben Kraftfahrzeugen leider auch wir als Radfahrer immer wieder betroffen sind, ob mit Pedelec oder 'Normalrad'.
Doch unsere Rennleitung (RL)* stellt jedes Jahr auf's Neue fest: Nicht die Autofahrer, nein, Pedelec-Fahrer und Radler seien eine Risikogruppe, weil von elf Vekehrstoten im Jahr 2022 knapp 20 Prozent, in Zahlen "4", Radfahrer seien, und die seien obendrein noch Senioren (66+). Was fällt denen ein, sich einfach tot fahren zu lassen! Aber was heißt denn nun 'Risikogruppe'? Stellen sie für andere Verkehrsteilnehmer ein Risiko dar? Oder ist Radfahren an sich ein Risiko und man sollte es besser bleiben lassen?
Die Presse greift begierig auf, was ihnen da von der RL auf dem Silbertablett serviert wird. Eigene Recherche? Fehlanzeige. So könnte man sich fragen, wer an diesen vier Todesfällen die Schuld trägt? Oder warum unter den restlichen 80 Prozent keine Risikogruppe zu finden ist, die es viel nötiger hätte, unter die Lupe genommen zu werden.
Wer ertappt sich nicht selbst als Autofahrer|in ab und zu bei dem Gedanken: "Schnell rüber, ist gerade frei. Oh, Mist, muss der mit seinem Fahrrad gerade jetzt daher kommen!". Wieder warten auf die nächste Lücke. Ja, und dann fehlt vielleicht noch einmal der Blick nach rechts, und schon kommt es zum Zusammenprall, oder der kann gerade noch durch heftiges Treten auf das Bremspedal verhindert werden.
Mir scheint, die Journalisten sind hier die Risikogruppe, da sie nicht selbst recherchieren, sondern nur abschreiben, und damit Desinformation betreiben. Es mag vielleicht sogar eine gute Absicht hinter solchen Artikeln stecken. Doch der Leser wird mit Zahlen-Wirrwarr und Halbwahrheiten allein gelassen. Die meisten sehen ohnehin nur die Schlagwörter der Überschriften: Risikogruppe, Pedelecfahrer, Radler, Tote. **
Letztendlich wirken solche Artikel eher abschreckend auf den, der überlegt, auch mal das Auto stehen zu lassen. Das ist der harmlosere Fall. Der schwerwiegendere ist jedoch, dass sich Autofahrer in ihren Vorbehalten gegenüber schwächeren Verkehrsteilnehmern bestärkt sehen. Ob da der Vorschlag hilft, Pedelecfahrer sollten sich mit Warnwesten behängen und Helme tragen? Wohl eher nicht. Am besten lassen sie sich noch eine Rundum-Blinkleuchte auf den Kopf resp. Helm montieren.
Viel Spass weiterhin allen Drahtesel-Führern und Pedalrittern beim Pedalieren und Pedelecieren. Und bleibt gesund und lebendig, damit ihr nicht auch noch in der RL-Statistik verwurstet werdet. ;-)))
Es bleibt dabei: Wir müssen selbst für unsere Sicherheit sorgen und uns aufmerksamer im Straßenverkehr bewegen als die Autofahrenden, zum Beispiel immer Blickkontakt herstellen, bevor man eine Ein-/Ausfahrt passiert.
- * = Polizei-Inspektion Diepholz
** = Kreiszeitung, 20. April 2023; Sonntagstipp, 22. April 2023